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Mia kann es nicht fassen. Sie soll zur Nachhilfe.

Ausgerechnet bei der eingebildeten Musterschülerin Leni. Missmutig macht sich Mia auf den Weg.

Doch bei Leni erwartet sie eine Überraschung.

Und auf einmal macht die Nachhilfestunde richtig Spaß.

 

 


Die ganze Geschichte:

Mia kann die Leni nicht leiden. Wegen der
Sache mit den Fehlern. Die Leni macht nämlich
nie welche. Nicht beim Rechnen, nicht beim
Lesen und schon gar nicht beim Schreiben.
Fluchen tut sie auch nie. Weil sie ein richtiges
Musterkind ist!

Ganz anders als Mia. Die macht ganz viele
Fehler. Beim Rechnen, beim Lesen und vor
allem beim Schreiben. Und deshalb muss Mia
jetzt zu Leni gehen. Zur Nachhilfe.

„Das darf doch nicht wahr sein. Ich habe keine
Lust auf blöde Nachhilfe. Besonders nicht bei der
doofen Leni“, schimpft Mia. Weil sie nämlich kein
Musterkind ist. Und laut rumflucht, wenn ihr
etwas nicht passt. So wie jetzt.

Am liebsten würde Mia sich drücken. Aber das
geht nicht. Weil ihre Mama mitkommt. Zum
Kaffetrinken mit Lenis Mama.

„Kaffee gibt’s im Wohnzimmer. Nachhilfe im
Kinderzimmer“, sagt Lenis Mama streng zu Mia.
Seufzend trottet Mia in Lenis Zimmer.
„Bestimmt bildet die blöde Leni sich jetzt sonst
was ein auf sich“, denkt sie.

Doch die Leni guckt gar nicht eingebildet. Sie
lässt den Kopf hängen. Und streicht eine nicht
vorhandene Falte in ihrem Rock glatt. Fast so
als ob sie sich schämen würde.

„Äh....danke, dass du mir Nachhilfe gibst“,
murmelt Leni, das Musterkind, verlegen.
Mia starrt die Leni verdattert an.

„Nachhilfe .... iiiich .... diiir?“, staunt sie.
„Ja“, nickt Leni. Und läuft rot an im Gesicht.
„Weil ich doch nicht fluchen kann.“

Mia fällt ein Stein vom Herzen. „Ach sooo ist
das“, seufzt sie erleichtert. Auf einmal findet sie
Nachhilfe bei Leni gar nicht mehr doof. Sondern
richtig toll.

„Am besten wir machen eine Fluch-Liste“, sagt
sie eifrig. „Die kannst du auswendig lernen“.
„Einverstanden“, sagt Leni. Schnell holt sie
Papier und Bleistift für Mia.
„Gib her“, sagt Mia. Dann schreibt sie
´Fatamde schaise` auf für Leni. Und ´Plöhta
mißd` und sogar ´Favligsst uhnt Sukännet`.
„Hier“, sagt sie stolz. Als sie Leni die Liste unter
die Nase hält. „Das sollte reichen für den
Anfang.“

„Vielen Dank“, sagt Leni, das Musterkind, artig.
„Das ist lieb von dir.“
Neugierig beugt sie sich über die Liste. Doch
irgendwas stimmt nicht. Leni legt die Stirn in
Falten. Und kommt einfach nicht voran mit dem
Lesen. Schließlich schüttelt sie den Kopf.
„ Ich glaube, das kann ich nicht lesen“, murmelt
sie.

„Tatsächlich?“, wundert sich Mia. „Ich dachte,
du kannst immer alles lesen.“
„Nein“, sagt Leni traurig. „Das hier nicht!“
„Macht nichts. Zum Glück bin ich ja da“, tröstet
Mia. Und trägt die Liste laut vor.
„Da steht ´verdammte Scheiße`, ´blöder Mist`
und ´verflixt und zugenäht`“, sagt sie.
„Ach?“, staunt Leni Musterkind. Und macht
runde Augen. „Da wär´ ich nie drauf gekommen.“
„Deshalb kriegst du ja Nachhilfe“, tröstet Mia.
„Vielleicht schreibe ich es mal anders auf“,
schlägt Leni vor. „Damit ich es besser lesen
kann.“

„Gute Idee“, lobt Mia. Und gibt Leni den
Bleistift. „Immer bin ich nämlich nicht da zum
Vorlesen.“

Leni, das Musterkind, freut sich sehr über das
Lob. Sorgfältig schreibt sie alles so auf, dass sie
es viel besser lesen kann.
Mia schaut ihr dabei über die Schulter.
Dabei kommt ihr eine Idee. „In Zukunft schreibe
ich es genau so wie du“, beschließt sie. Dann
können wir es beide lesen.“
„Abgemacht,“ sagt Leni.
„Dafür muss ich aber ein bisschen üben“, findet
Mia.

„Verstehe“, nickt Leni. Und gibt Mia den Bleistift
wieder zurück.
Mia schreibt die Fluchworte so oft ab bis sie
sie genau so aussehen wie die von Leni.
Und Leni, das Musterkind, das eigentlich nie
flucht, liest sie genauso oft laut vor. Anfangs
stottert sie noch ein bisschen dabei. Aber zum
Schluss nicht mehr. Da gehen ihr die Flüche
ganz leicht über die Lippen.
Mia ist sehr zufrieden mir ihrer Schülerin. „Na
also“, lächelt sie. „War doch kinderleicht.“
„Ja“, strahlt Leni Musterkind. „Verdammt
einfach.“

„Dann sind wir jetzt fertig“, sagt Mia. „Und
können spielen.“
„Am besten im Garten“, nickt Leni. „Draußen ist
verflixt schönes Wetter.“
Die Terrassentür ist im Wohnzimmer. Bei den
Mamas. Die sind immer noch beim
Kaffeeklatsch.
„Und“?, fragt Mias Mama neugierig. “Wie war
die Nachhilfe?“
„Ganz große Klasse!“, strahlt Mia. „Ich kann
jetzt ´verdammte Scheiße` schreiben!“
Mias Mama wird blass. Vor Schreck vergisst
sie ihre Tasse gut festzuhalten.
„Ja“, grinst Leni Musterkind. „Und ich kann
´blöder Mist` sagen.“
Da wird auch Lenis Mama bleich. Und lässt vor
Schreck den Sahnelöffel fallen.
Doch das stört die Mädchen nicht. Kichernd
laufen sie in den Garten.
Während Mias Mama am Kaffeefleck auf ihrer
teuren Seidenbluse herumputzt. „Verflixt und
zugenäht“, flucht sie. Natürlich ganz leise. So
dass es niemand hört.

Lenis Mama kratzt derweil die Sahne vom
ihrem edlen Samtrock. „Zum Kuckuck noch mal“,
schimpft sie. Selbstverständlich auch ganz leise.
Denn Erwachsene fluchen ja nicht. Genau wie
Musterkinder.